Landschaftskommunikation

Landschaftskommunikation ist die Verständigung über den Raum, den wir bewohnen und nutzen. Als unerlässliche Voraussetzung für Regionalentwicklung qualifiziert sie unser Wissen und unser Urteilsvermögen. Die verschiedenen Betrachtungen der Nutzungen werden dabei miteinander verknüpft. Unsere gemeinsame Landschaftsregion wird dabei offen begriffen und befragt. Auseinandersetzungen und Differenzen sind dabei keine Nachteile, sondern Impulsgeber, um die Herausforderungen von Morgen besser und gemeinsam lösen zu können.

Dafür seien drei typische Beispiele aus nur einem Bereich, der Energieversorgung genannt. Ein polnischer Tourismusverband wendet sich offen gegen Windparks in Naturschutzgebieten. Die deutsche Nachbargemeinde bemüht sich zeitgleich um die Aufstellung der Windmühlen direkt nebenan. Während  Deutschland den Atomausstieg umsetzt, votieren die Bewohner von Gryfino mehrheitlich für einen Atomreaktor direkt an der Oder. Nachdem der Energieversorger Vattenfall auf deutscher Seite mit der Verpressung von CO² im Boden an Bürgerbegehren scheiterte, bemüht er sich nun um Genehmigungen in Polen.     

Wie können Bewohner, Nutzer, Wissenschaftler und Künstler die Gestaltungsspielräume in ihrer Landschaft erkunden und sich mit den Ansprüchen der anderen Sichtweisen auseinandersetzen.
Landwirte, Pendler, Kinder,  Großviehanlagenbetreiber, Künstler, Energieversorger, Gutshausbesitzer, Förster, Denkmalpfleger, Angler, Hotelbetreiber, Feuerwehrleute, Segler, Rentner, Ökopioniere, Investoren, Motorsportler, Ornithologen, Aussteiger, Wissenschaftler, Bewohner, Reisende, Ladenbesitzer, Gärtner, Gemeinderäte – alle betrachten ihren Landschaftsraum aus ihrer Perspektive und leiten daraus Ihre Bedürfnisse und Lösungen ab.

Das Arbeitstreffen von Bewohnern und Landschaftsnutzern von beiden Seiten des Stettiner Haffs soll unter wissenschaftlicher und professioneller Begleitung Wege und Methoden für eine nachhaltige Kommunikation zwischen den verschiedenen Nutzungsabsichten, Interessen und landschaftlichen Eigenheiten, sowie sozialen und nationalen Mentalitäten erarbeiten. Dafür konnten wir die Preisträger des  Bundeswettbewerbes MIXED UP „KulturLand“2012, die Wissenschaftler Dr. Kenneth Anders und Lars Fischer von der Akademie für Landschaftskommunikation Oderaue (www.oderbruchpavillon.de) gewinnen.
Die Auswirkungen des demographischen Wandels treffen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf unsere ländliche Region und ihnen wird in Polen und Deutschland  mit ganz unterschiedlichen Methoden und aus ganz verschiedenen Perspektiven begegnet. Nur mit bürgerlichem Engagement aus der Mitte unserer Zivilgesellschaft lassen sich künftig gute innovative Lösungen abseits des Wohlfahrtsstaates anwenden, dessen Kräfte zunehmend gebündelt und in städtischen Kernzonen effizient zentralisiert werden.

Die Werkstatt soll Impulse für die verschiedenen gedanklichen Herangehensweisen geben und die Verantwortung der Teilnehmer gegenüber ihrer Umgebung über Nationalgrenzen hinweg bewusst machen, so dass wir übereinander und voneinander lernen und von den gemeinsam gewonnenen Erkenntnissen profitieren können.
Ziel ist Ingangsetzung eines Prozessen zur aktiven Lebensraumbestimmung der Bürger, der Aufbruch aus  passiver privater Zurückgezogenheit zugunsten der Mitwirkung an gemeinsamen Perspektiven und die Entwicklung der eigenen Fähigkeit zur bürgerlichen Selbstorganisation.
Begleitet werden soll das deutsch-polnische Treffen durch eine Ausstellung über die Geschichte der heutigen Bewohner des polnischen Walddorfes Widzieńsko, das bis 1945 Hohenbrück hieß und mit diesem Namen über 200 Jahre lang Sitz eines Oberforstamtes war.

Wo kommen die heutigen Bewohner her, welche Schicksale hat sie hierher geführt, wann ist ihnen dieses Dorf feste Heimat geworden? Gab es Ängste vor den Deutschen? Wie lebt man mit den deutschen Nachbarn?
Die Eröffnung anlässlich eines ThinkTank-Workshop für grenzübergreifende Landschaftskommunikation ist der Auftakt für eine Wanderung diese Outdoor-Ausstellung.
Nach einem Vierteljahr soll sie weiter wandern, nach Kopice und weiter über die Oder  nach Eggesin  bis zur Stadt Usedom.
Die Veranstaltungen an diesen weiteren Ausstellungsorte herum sind nicht Projektbestandteil.  

„Ich sehe das kleine Dorf in der Mitte des urigen Waldes.
Vor Jahren hat es der angesehene Maler Heinrich Naruszewicz entdeckt,
jetzt entdecken es Frauen und Männer aus dem polnisch-deutschen Grenzland gemeinsam wieder.
Sie wollen die Geheimnisse, die Verstecke, die Geschichte und vor allem die Menschen  kennenlernen.
In einem literarischen Entwurf steht geschrieben: das Dorf ist der Ursprung… und von hier aus werden unsere Handlungen beginnen. Woher auch,  hier angekommen bemerken wir ihre Kleinheit, welcher die Träume innewohnen. Wie ich sehe die Zukunft des Dorfes? Warum sind die Leute hierorts geblieben…

Die Geschichten der Menschen, die nach 1945  auf dem Gelände des Grenzlandes wohnten,  haben unter dem Motto „Augen zu und durch“ ihr hartes Schicksal begonnen.
Die Mehrheit saßen in ihren Häusern im Grenzraum, durch viele Jahre lebend auf ihren Koffern, unsicher blickend auf das Morgen, mit dem ihrem Heimweh  nach Osten zurück.
Trotzdem „zähmten“  sie alles,  diese fremde  Erde einer fremden Landschaft, besiedelten Häuser und die Wirtschaften so gu sie konnten.
Sie haben hier die Wurzeln geschlagen und die neue Generation ist schon daheim.
Jüngere haben schon Bäume, die  ihre eigenen Großväter gepflanzt haben.
Die alten Bäume daneben waren noch von Großeltern mit einer anderen, harten Sprache gepflanzt.“

Wir wollen die heutigen Menschen des Dorfes vorzeigen und Ihnen damit einen würdigen Platz einräumen, den Bewohnern und ihrer Geschichte.
Wir wollen für geschichtliches Verständnis auch in Deutschland werben und die Erinnerungen der Menschen lebendig halten.
 
 Die Ausstellung wird organisiert von Lars Fischer, Martin Schroeter und Andrzej Łazowski.
 Ediert wird das begleitende Verzeichnis der Ausstellung , in Erweiterung der Geschichtsschreibung von Widzieńsko, geschrieben von der Kunsthistorikerin und Sozialwissenschaftlerin Marie Łopuch.